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Internetrecht

Razzia bei Kino.to: Ende mit Schrecken, Schrecken ohne Ende?


Strafverfolgungsbehörden schließen Online-Filmbörse. Festnahmen in ganz Deutschland. User befürchten Abmahnungen.

14.06.2011

DRESDEN/LEIPZIG. Das illegale Kino-Blockbuster-Internetangebot Kino.to ist von deutschen Strafverfolgungsbehörden nach einem umfassenden Fahndungserfolg geschlossen worden. Zahlreiche Personen in Deutschland wurden unter dem "Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerblichen Begehung von Urheberrechtsverletzungen" festgenommen. Ruft man die Website Kino.to auf, so steht dort derzeit der folgende Hinweis zu lesen:

 

"Die Kriminalpolizei weist auf Folgendes hin: Die Domain zur von Ihnen ausgewählten Webseite wurde wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerbsmäßigen Begehung von Urheberrechtsverletzungen geschlossen. Mehrere Betreiber von KINO.TO wurden festgenommen. Internetnutzer, die widerrechtlich Raubkopien von Filmwerken hergestellt oder vertrieben haben, müssen mit einer strafrechtlichen Verfolgung rechnen."

 

Auf der Website der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen e.V. (GVU) heißt es in der dortigen Pressemitteilung: "Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat heute, am 08. Juni 2011, einen konzertierten Schlag gegen das größte deutschsprachige Filmraubkopienportal "kino.to" geführt. Unter Leitung der Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen (INES) vollzogen Polizeikräfte in Deutschland, Spanien, Frankreich und den Niederlanden Razzien in zahlreichen Wohn- und Geschäftsräumen. Allein in Deutschland durchsuchten über 250 Polizisten und Steuerfahnder sowie 17 Datenspezialisten bundesweit zeitgleich über 20 Wohnungen und Geschäftsräume und Rechenzentren. 13 Personen wurden verhaftet. Nach einer Person wird gefahndet. Die Polizei hat die Domain "kino.to" beschlagnahmt. Mehrere so genannte Streamhoster, bei denen die auf den Portalen verlinkten Raubkopien abgelegt sind, wurden von den Behörden vom Netz genommen."

 

Kino.to ist ein Dienst, über den User bislang kostenlos aktuell ausgewertete und nach deutsche, Urheberrecht geschützte Filmtitel online anschauen konnten. Die Filme wurden als illegale Raubkopien in das Internet eingestellt. Hierbei konnten die Anbieter mittels Werbeeinnahmen horrende Summen an erzielen. Mit Sicherheit ist der Dienst selbst von Betreiberseite her hierzulande ein rechtswidriges Angebot und das Vorgehen der Betreiber auch strafbar. Zwar steht der Server im Ausland - die länderspezifiche Top-Level-Domain (ccTLD) .to steht für Tonga, derartige Domains werden gerne zweckentfremdet für sogenannte "torrents", also Dienste für Download-Datenströme genutzt - jedoch hat sich jetzt herausgestellt, dass die Täter überwiegend von Deutschland aus agieren und die Anführer der Filmbörse in Leipzig saßen. Zudem war der Dienst auch in Deutschland abrufbar. Somit sorgt das Territorialprinzip dafür, dass nun deutsche Urheberrecht Anwendung findet und die Staatsanwaltschaften und Rechteinhaber versuchen werden, die Anbieter strafrechtlich und wirtschaftlich zur Verantwortung zu ziehen.

 

Von der Netzgemeinde wird der Schlag gegen die Online-Filmpiraterie jedoch überwiegend als klein bewertet, sind doch zahlreiche vergleichbare Online-Dienste immernoch verfügbar.

 

Drohen den Nutzern von Kino.to nun Abmahnungen und Strafverfolgung?

 

Auf Kino.to konnten User die begehrten Filme im Wege des sogenannten Streamings anschauen. Streaming ist im Unterschied zu Internettauschbörsen, die im Wege des sogenannten Filesharings über P2P-Netzwerke von Rechner zu Rechner weitergegeben werden, ein Verfahren bei dem die Filmdatei direkt vom Server des Anbieters aus zur Wiedergabe abgerufen wird und somit "live" angeschaut werden kann. Ob dies aus Sicht des Internetnutzers, der den Dienst aufruft und den Film anschaut, bereits einen Urheberrechtsverstoß darstellt und daher genauso zur Abmahnung führen kann, wie der Download bzw. Upload in Peer-to-Peer-Netzwerken, darüber wird in der juristischen Literatur lebhaft gestritten.

 

Insbesondere wird darüber diskutiert, ob aus Sicht des Users im Moment der Zwischenspeicherung eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung stattfindet oder ob in dem Film erkennbar eine offensichtlich-rechtswidrig hergestellte Vorlage besteht oder nicht und in letzterem Falle eine Privatkopie nach § 53 Abs. 1 UrhG gestattet wäre. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Vorlage auf Kino.to und damit das Verbot der Privatkopie dürfte allerdings bereits dadurch gegeben sein, dass dort Blockbuster bereits vor Kinostart gratis im Stream angeboten werden. Dadurch muss sich jedem nur halbwegs verständigen Nutzer die Rechtswidrigkeit geradezu aufdrängen.

 

Grundsätzlich gilt dann aber nach geltendem Urheberrecht, dass die Vervielfältigung eines Werkes gem. § 16 Urhebergesetz (UrhG) dem Urheber oder Rechteinhaber zusteht, beides ist der Konsument des Filmes auf von kino.to generell nicht. Allerdings wird der Film im Moment des Betrachtens nicht dauerhaft vervielfältigt sondern nur vorübergehend und bruchstückhaft zum Zwecke der einwandfreien Übermittlung im Cache des Browsers und beim Internetserviceprovider (ISP) des Users zwischengespeichert. Der § 44a UrhG gestattet unter den dortigen Voraussetzungen eine vorübergehende Vervielfältigung. Es wird vielerorts die Ansicht vertreten, dass das Betrachten von Filmen auf Portalen wie kino.to von § 44a UrhG gedeckt und somit erlaubt sei.

 

Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Filmindustrie rechtlich gegen die Nutzer von Streaming-Portalen vorgehen will, sobald die Möglichkeit dazu besteht. Es geht nun daher unter den ehemaligen Nutzern von kino.to die Sorge um, dass die Ermittlungsbehörden und Rechteinhaber über möglicherweise vorhandene Log-Dateien an die IP-Adressen und über einen entsprechenden Auskunftsanspruch bei den Internetserviceprovidern der Nutzer noch an die Namen und Adressdaten der User kommen, die bis zuletzt Filme auf kino.to geschaut haben, um diese dann -aus Sicht der Ermittlungsbehörden einer Strafverfolgung zu unterziehen und daneben - aus Sicht der Rechteinhaber - durch Abmahnanwälte urheberrechtlich auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Die Fragen, ob dies wegen der damit verbundenen Beweisschwierigkeiten gelingen wird und ob die jeweils zuständigen Gerichte im Betrachten der Filme und der damit verbundenen Zwischenspeicherung einen Urheberrechtverstoß sehen, ist jedoch völlig offen.

 

Betroffene User, die hier möglicherweise zukünftig in Anspruch genommen werden, sollten dann jedenfalls keine Zeit verlieren und unverzüglich anwaltliche Hilfe von einem auf die Materie spezialisierten Rechtsanwalt, einem Fachanwalt für IT-Recht in Anspruch nehmen.

 

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